Zuerst brach der Kontakt zu den äußeren Kolonien ab. Immer wieder kam es zu Störungen der interplanetaren Kommunikationssysteme. Dann schienen die Bahnberechnungen für Raumtransportflüge nicht mehr zu stimmen.
In den äußeren Bereichen des erforschten Raums, weit jenseits des Sonnensystems, hatte sich eine Gravitationsanomalie wie aus dem Nichts am Rande des menschlichen Einflussbereichs manifestiert. Umgeben von einem rätselhaften Nebel brachte die Unregelmäßigkeit eine Reihe unerklärlicher Phänomene mit sich, die mit der Zeit das Leben im Sonnensystem und in den menschlichen Kolonien auf den Kopf stellten.
Inmitten dieser letzten ausklingenden Hochphase der Eurasischen Konföderation wurde daraufhin ein bahnbrechendes Projekt umgesetzt: Mit den allerneusten Ergebnissen aus Technologie und Forschung wurden insgesamt 25 experimentelle Sprungschiffe in Richtung der Lamarr-Anomalie (wissenschaftlicher Name: “LMR-8123112219”) geschickt, wo sie sich unter der Anleitung einer autonomen KI zu einer autarken Raumstation zusammensetzten: die Gravitational Observation & Detection Station.
Nach ihrer Fertigstellung begann die Station mit der Analyse der Gravitationsanomalie und schickte ein Signal an die Erde – das Aufbruchszeichen für die erste Generation von Forschungs- und Wissenschaftspersonal, das G.O.D. Station bemannen sollte. Den Erkenntnissen dieser unerschrockenen Weltraumpioniere – den Prim_Ex – ist es zu verdanken, dass Lösungen erarbeitet wurden, um sich den Phänomenen aus der Anomalie anzupassen, die Fehlfunktionen zu umgehen und den geregelten Ablauf der Prozesse im Heimatsystem zu gewährleisten. Konkrete Erklärungen zu den genauen Ursprüngen und Funktionsweisen der Anomalie-Phänomene blieben jedoch rar, und die Prim_Ex konnten kaum mehr als provisorische Lösungen für die unerklärlichen Brüche der physikalischen Gesetzmäßigkeiten liefern, die aus dem Anomalienebel strömten.
Im Jahr 550 der neuen Zeitrechnung wurde das Sol-System schließlich von einer zweiten Welle aus der Anomalie getroffen, die erneut Chaos ausbrechen ließ. Schon Jahrzehnte zuvor hatten Zersetzungsprozesse in der Konföderation begonnen und die Ressourcen wurden knapper. Die technischen Schäden durch die zweite Welle waren gewaltig, und es dauerte lange Jahre, bis überhaupt wieder eine Funkverbindung zur Station hergestellt werden konnte.
Doch das endgültige Auseinanderbrechen der Eurasischen Konföderation, das darauffolgende politische Zuständigkeits-Bingo, Wirtschaftskrisen und technologische Rückschritte sorgten dafür, dass G.O.D. Station am kalten, lichtlosen Rand des bereisten Raums in Vergessenheit geriet.
Aber wie auf allen einsamen Inseln der Zivilisation hat sich dort über Generationen ein eigenes soziales Ökosystem aus Wissenschaft, Aberglaube, Marktwirtschaft und Politik entwickelt …
PS: Für die Anomalie und G.O.D. Station finden wir vor allem
dieses Bild von Gabriel Bjork Stiernstrom sehr passend.