Frisch aus der Rubrik “(Small)Talk und das Eis brechen – Gesprächsthemen in den 20ern” präsentieren wir euch im Folgenden eine ungeordnete und bei Weitem nicht vollständige Liste von Themen, die in den 1920ern aktuell waren und über die bei gesellschaftlichen Veranstaltungen gesprochen wurde. Ihr könnt, müsst sie aber nicht in Gesprächen, Charakterideen und bei allem, was euch sonst noch einfällt, benutzen. Natürlich müsst ihr diese Liste auch nicht auswendig lernen.
Wir wollen euch hier lediglich Stichworte und Inspirationen geben, um ein wenig Stimmung aufzubauen, die sich hoffentlich ins Spiel überträgt. Wenn euch Themen auf dieser Liste besonders interessieren, findet ihr in den Weiten des Internets oder einem Geschichtsbuch eurer Wahl eine Fülle an Informationen dazu. Ebenfalls können wir euch das entsprechende Kapitel “Call of Cthulhu”-Hintergrundbuch zu Deutschland ans Herz legen, das kurz und anschaulich einen tollen Überblick über die Zeit bietet.
Was ist los in Deutschland und der Welt?
Der Große Krieg und die Dolchstoßlegende
Acht Jahre sind eine lange Zeit, für die vielen Männer, die im Krieg dienten, sind die Erinnerungen allerdings oft noch so lebhaft, als wäre es gestern gewesen. Immerhin, durch den allgemeinen Wohlstand sieht man nicht mehr so viele Kriegskrüppel auf der Straße betteln und auch die Witwen und Waisen werden versorgt. Der Versailler Vertrag und die Dolchstoßlegende werden noch immer hitzig diskutiert.
Weltpolitik
1925 wurden die Verträge von Locarno verhandelt, welche von vielen als wichtiger Schritt in der Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarn gesehen werden. Zusammengefasst besagen sie, dass Deutschland (und Frankreich sowie Belgien) die nach dem Weltkrieg entstanden neuen Grenzen nicht gewaltsam verändern werden. Damit akzeptiert Deutschland den Gebietsverlust durch Versailles im Westen. Die Ostgrenzen weden nicht festgelgt.
Anfang März 1926 findet die Sitzung des Völkerbundes (ohne Deutschland) in Genf statt, in der über die im Februar beantragte Aufnahme Deutschlands entschieden werden soll. Aber nicht nur darum soll es gehen – zu beschließen ist auch der Bau eines neuen Hauptsitzes und es drängen Mitglieder an den Ratstisch, etwa Polen, Spanien, China und Brasilien. Brasilien droht mit der Ablehung des Deutschen Antragens wenn es keinen Sitz bekommt.
Die Weimarer Republik
Nach den Schrecken von Krieg, Novemberrevolution und Spartakusaufstand ist Deutschland seit fast zehn Jahren eine Republik und auch noch die mit der progressivsten Verfassung Europas. Endlich, nach Hyperinflation, Putschversuchen und Straßenkämpfen ist in dieser Republik auch Stabilität eingekehrt, die Wirtschaft floriert und auch außenpolitisch läuft’s gut. Das Klassen- und Standesbewusstsein der Kaiserzeit bildet sich langsam zurück. In der Politik diskutiert man sogar über die Einführung einer Arbeitslosenversicherung.
Dennoch rückt die Gesellschaft wieder nach rechts: Nach Ebert ist jetzt Paul von Hindenburg Reichspräsident.
Kommunisten und Nationalsozialisten
1923 war spannend: In Sachsen und Thüringen wurden die Regierungen aus Sozialdemokraten und Kommunisten durch eine Reichsexekution abgesetzt, Bayern rief den Ausnahmezustand aus und bereitete sich auf den Sturz der Reichsregierung vor, wurde dann aber von diesem Emporkömmling Hitler und seiner NSDAP gut genug beschäftigt. Auch wenn die schlimmsten Auseiandersetzungen vorbei sind, ist doch immer was los an den Rändern des politischen Spektrums und außerparlamentarische Kampfbünde erfreuen sich steter Beliebtheit: Ob Stahlhelm, SA, Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold oder Rotfrontkämpferbund.
Opium
In Folge des Weltkriegs verboten, erfreut es sich ungebremster Beliebtheit.
Die Neue Frau
Für Konservative ein Schimpfwort, für viele Frauen ein Ausdruck der Befreiung – Frauen rauchen in der Öffentlichkeit und drängen in männliche Berufsfelder, ja überhaupt auf den Arbeitsmarkt. Der seit dem Krieg herrschende Frauenüberschuss verschafft ihnen neue Möglichkeiten. Frisuren und Röcke werden kürzer.
Naturheilkunde und Homöopathie
“Zurück zur Natur” lautet das Motto der Stunde! Ob Kneipp-Bäder, Lufterholung, Wanderungen oder exotische Behandlungen wie Handauflegen und Elektrotherapie – Heilanstalten erfreuen sich wachsender Beliebtheit und bieten für jeden Geldbeutel etwas. Auch Sportarten wie Boxen und Radsport sind beliebt. Die Nacktkultur mit ihrem Motto “Licht und Luft” kann allerdings nicht alle überzeugen.
Magier, Mystiker und Medien; Okkultisten, Séancen und Scharlatane
Séancen gehören zum guten Ton und mehrmals pro Woche gibt es die Chance, an einer teilzunehmen. Wer etwas auf sich hält, beschäftigt natürlich private Okkultisten oder Medien und lädt Freunde zu exklusiven Partys ein. Die Beschäftigung mit “geheimem Wissen” ist schick. Das zieht natürlich Scharlatane an, die damit eine Menge Geld verdienen können und Geheimtipps zu verlässlichen Mystikern und nicht vertrauenswürdigen Hochstaplern werden hoch gehandelt.
Entdeckungen, Expeditionen und Archäologie
Nachdem Howard Carter 1922 das Grab von Tut-Anch-Amun entdeckte, ist auch Deutschland im Archäologie-Fieber. Berühmte Expeditionen und Archäologen werden gesellschaftlich gefeiert und ihr Werdegang interessiert verfolgt. Wer etwas auf sich hält, legt sich eine kleine Sammlung zu. Einladungen zu Partys, auf denen Funde zum ersten Mal einem exklusiven kleinen Kreis präsentiert werden, sind heiß begehrt.
Kunst und Kultur: Schallplatten, Film und Rundfunk
Die neue Kultur ist konsum- und freizeitorientiert und steht unter dem Einfluss expressionistischer Strömungen. Experimentierfreudigkeit ist angesagt, seit zwei Jahren hält auch die Neue Sachlichkeit Einzug. Die großen Kunstwerke und Innovationen des Stummfilms kommen aus Deutschland, Filme sind Massenware und Kino ein beliebter Freizeitvertreib. Da Filme als wichtiges Exportgut dringend benötigte Devisen ins Land brachten, sind erfolgreiche Filmemacher und Schauspieler hoch angesehen. Namen wie Friedrich Murnau, Pola Negri und Fritz Lang sind in aller Munde.
Was ist los in Leipzig?
Die Universität Leipzig
…wurde 1409 gegründet und ist damit eine der ältesten Universitäten Deutschlands.
Seit 1903 gräbt der Leipziger Professor und Inhaber der Lehrstuhles für Ägyptologie Georg Steindorff in Giza, Qau und Aniba. Im Moment sucht er Geldgeber für die nächste Ausgrabung. Von den gefundenen Exponaten gelangt eine große Anzahl in den Besitz der Universität Leipzig. Die Sammlung der Universität wuchs ebenfalls u.a. durch eine Schenkung der Berliner Orient-Gesellschaft, welche die komplette Grabausstattung des Totenpriesters Herischefhotep, aus dem frühen mittleren Reich etwa 2000 v.Chr., stiftete.
(Buch)Handel
Gelegen am Schnittpunkt der Handelswegen und schon im Mittelalter mit Messeprivilegien ausgestattet, ist regionaler und internationaler Warenhandel aller Art immer ein großes Thema in der Stadt.
Messestadt Leipzig
Seit 1920 entstehen auf dem Messegelände am Völkerschlachtdenkmal Hallen und Ausstellungsfläche. Zwischen 1919 und 1923 war die Leipziger Messe in 66 Ländern mit eigenen Vertretungen präsent. Leipzig ist nicht nur “Mutter aller Messen” sondern auch “Weltmesse”. 1926 wird unter dem Leipziger Markt die erste Untergrundmessehalle der Welt fertiggestellt.
Der Mitteldeutsche Rundfunk
…sendet seit 1924 regelmäßig, eine große kulturelle Neuheit. Leipzig besitzt ein Rundfunk-Symphonieorchester.
Der Leipziger Bahnhof
…wurde 1915 fertiggestellt und ist der größte Kopfbahnhof Europas.
Das Völkerschlachtdenkmal
…wurde 1913 fertiggestellt.
Der Leipziger Flugplatz
…wurde 1913 eröffnet (auf dem Gebiet der heutigen Neuen Messe), mit der weltgrößten Luftschiffhalle und Deutschlands erstem Flughafenhotel. Die ersten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts standen ganz im Zeichen der Zeppeline. Wer es sich leisten kann, gönnt sich eigene Flüge oder lernt sogar fliegen.
Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV)
…wurde 1863 durch Ferdinand Lassalle in Leipzig gegründet und war ein Vorläufer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der SPD. Leipzig ist traditionell rot geprägt.
Auf wen ist Leipzig stolz?
Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach, Johann Wolfgang von Goethe, Felix Mendelssohn Bartholdy, Martin Luther